Er ist Nobelpreisträger 2021 und hat 10 Romane veröffentlicht, aber zum "Zeitpunkt der Zuerkennung des Nobelpreises war keiner der fünf in die deutsche Sprache übersetzten Titel mehr im Buchhandel verfügbar", informiert wikipedia. Kommt uns das nicht bekannt vor? Geht das Nobelpreis-Komitee inzwischen so vor: Wird er/sie in Deutschland nicht mehr aufgelegt (Glück, Gurnah) oder verkehrt er mit Völkermördern (Peterle) oder möchte er/sie ihn gar nicht (Jelinek, Bobby D.)? Dann nehmen wir den oder die!
Inzwischen gibt es zumindest "Das verlorene Paradies" wieder auf Deutsch - wahnsinnig mutig vom Verlag. "Unterhaltsamer und aufrichtiger kann Humanismus kaum dargestellt werden", lobt der Deutschlandfunk den Autor, der den Preis erhalten habe "for his uncompromising and compassionate penetration of the effects of colonialism and the fate of the refugee in the gulf between cultures and continents" (Nobelpreiskomitee).
Gurnah sei "ein Meister der Ambivalenzen; er weiß um die Janusköpfigkeit von Kultur und Zivilisation", hebt die Welt in seinem Roman "Das verlorene Paradies" hervor, das im Original "Paradise" heißt. Tja, man muss also nicht immer zeigen, dass man Milton zwar nicht gelesen hat, aber trotzdem postmoderne Angeber-Wortspielchen machen kann. "Zipfelspieler" nennt man derartiges Volk auch auf Bayrisch.
Mit Joseph Conrads "Herz der Finsternis" sei "dieser Roman verglichen worden", weiß der NDR, "der Geschichte um den Händler Kurtz, der in Afrika dem Wilden, Barbarischen in ihm erliegt. Bei Gurnah ist es umgekehrt: Das Barbarische kommt mit den Europäern." Gurnah erzähle "in diesem Roman zudem auf unerwartete, von mündlicher Tradition beeinflusste Weise. Manchmal drollig, oft kühl, mit Abstand und immer wieder den gleichen Attributen für seine Figuren. Er scheint keinen Wert darauf zu legen, dass die Leserin mit Yusuf, Khalil, vielleicht der Mistress mitfühlt, verzichtet auf Komplexität und psychologische Tiefe", vermutet die Frankfurter Rundschau.
Bereits 1994 erschien "Paradise" als Gurnahs 4. Roman und wurde 1996 ohne großes Echo ins Deutsche übersetzt. Jetzt sollen alle 10 Romane auf Deutsch herausgegeben werden (Quelle: taz). Geht doch!
Liebe Bookworms, frohe Weihnachten und ein gesundes und glückliches Jahr 2022! Und immer schön fröhlich bleiben!
Ihr habt es so gewollt: Wir treffen uns am 20. Januar, um 19 Uhr, im Passaparola und lesen Eva Menasses "Dunkelblum". Iris Wolffs "Die Unschärfe der Welt" und Gabriele Tergits "Effingers" sind fakultative Weihnachtsferienlektüren.
Elfriede hat auf den Youtube-Beitrag von der Tübinger Poetik-Vorlesung hingewiesen: "Den ersten Abend erzählt Menasse von den Bauprinzipien des Romans und vom Beginn des Schreibprozesses bei 'Dunkelblum'."
Yvonne hat entdeckt, dass es auf Spotify die ungekürzte Lesung des Romans und zwar von der Autorin selbst gibt, allerdings lese sie "gaaaaanz laaaaangsam". Dazu muss man allerdings einen Account dort haben oder sich kostenlos registrieren und ein 30-tägiges Probeabo abschließen, das man gleich wieder kündigen kann.
Das Gespräch mit der Autorin in der Reihe "Druckfrisch" ist ebenfalls auf youtube zu finden. Und auf der Frankfurter Buchmesse spricht Ina Hartwig mit Eva Menasse.
Rezensionen finden sich zu einem "der wichtigsten Bücher dieses Herbstes" (NDR) unter vielen anderen in der SZ, in der FAZ oder bei Deutschlandfunk Kultur.
Hier findet ihr den Link für die Wahl des Romans zum 46. Treffen und zur Terminwahl.
In der Leiste rechts habe ich unter "Vorschlagsliste und Tipps" die Werke aufgelistet, deren Titel beim letzten Treffen genannt wurden.
Schöne Herbstferien!
Den Deutschen Buchpreis 2021 erhält Antje Rávik Strubel. Auf der Shortlist standen außerdem Norbert Gstrein, Der zweite Jakob (Carl Hanser), Monika Helfer, Vati (Carl Hanser), Christian Kracht, Eurotrash (Kiepenheuer & Witsch), Thomas Kunst Zandschower Klinken (Suhrkamp) und Mithu Sanyal, Identitti (Carl Hanser). Strubel erhält ein Preisgeld von 25.000 Euro.
Ausgezeichnet wurde sie für ihren Roman "Blaue Frau":
Und so begründete die Jury begründet die Wahl:
Antje Rávik Strubel sei "eine Meisterin der inneren Zustände. In ihrem Roman 'Blaue Frau' erzählt sie eindrucksvoll eine Harvey-Weinstein-Geschichte", lobt die SZ.
Die Zeit betont die Geschichte "von einem vereinten Europa, das in Wahrheit eine Zweiklassengesellschaft ist." Hervorgehoben wird das Problem der Darstellung der Vergewaltigung, die Stubel durch Zwischenkapitel löst, in denen die Erzählerin, "eine Schriftstellerin, deren Lebensdaten präzise mit denen Strubels übereinstimmen, im Dialog mit einem feenhaften externalisierten Über-Ich", der blauen Frau, über die erzählerische Problematik reflektiert.
Der BR findet die Schlagworte "Odyssee", "Roman einer Vergewaltigung" und "Geschichte Europas, insbesondere zwischen der Ost-Erweiterung der Europäischen Union und der Finanzkrise".
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